Liberté, Egalité – Fuckafdé!

Seit Tagen fühle ich mich, als hätte man mir auf den Kopf geschlagen. Genauer, seit die geleakten Textauszüge einer AfD-Whatsappgruppe offen im Netz stehen. Mein gesamtes bisheriges Leben habe ich immer gesagt, daß man Nazis bekämpfen muß und ich das natürlich auch tun würde. Mit welchen Mitteln, darüber habe ich damals als Teenager nicht nachgedacht, aber irgendwie auf jeden Fall. Und das nicht nur, weil man als Teenager ja grundsätzlich immer „dagegen“ ist, sondern aus tiefster Überzeugung. Später, als ich ein kleines Kind hatte, relativierte ich das ein wenig. Ich wäre immer noch dagegen gewesen, aber vermutlich nicht ganz so laut oder so offen, weil es ja nicht mehr nur um mich ging. Feige? Vielleicht. Aber was kann mein Kind für meine Überzeugungen? Und jetzt? Jetzt muß ich erneut umdenken.

Eine Frage habe ich mir immer und immer wieder gestellt: Warum haben sich all die jüdischen Menschen so widerstandslos abführen lassen? Es gab auch dort Widerstand, ja, aber hätte er nicht größer sein müssen? Ich kam zu dem Schluß, daß die Menschen es einfach nicht geglaubt haben, nicht glauben konnten. Und als sie es begriffen, war es viel zu spät.

Und heute? Heute schreibt irgend so ein AfD-Arschloch völlig selbstverständlich diesen Satz: „ Wenn wir an die Macht kommen, müssen alle wieder ins Gas, die nicht unserer Meinung sind.“
Ganz lapidar.

Dieser eine Satz demaskiert einfach alles. Er demaskiert die komplette „Flüchtlingsdiskussion“ als lächerlichen Vorwand. Er demaskiert die angebliche Sorge um das Volk, als das sie sich so gerne sehen. Er demaskiert jedes angebliche Ziel dieser „Partei“. Es geht nicht um „Die (Flüchtlinge) gegen uns (Deutsche)“, es geht längst um „Wir (Nazis) gegen alle anderen“. Zugegeben, das klingt jetzt ein bisschen nach einem größenwahnsinnigen Weltherrschafts-Verschwörungs-Aluhut, aber wenn man sich diesen Satz so anguckt, dann eben doch nur noch ein bisschen. Im Klartext sieht es doch so aus: Eine Minderheit behauptet, „das Volk“ zu sein und will jeden töten, der das in Abrede stellt. Eine unerwünschte Minderheit will die Mehrheit des Volkes vergasen, dessen Wohl ihnen ja so am Herzen liegt. Spätestens jetzt sollte auch dem allerletzten Zweifler klar sein, daß denen das Wohl irgendeines Volkes total am Arsch vorbeigeht!

Es mag gut sein, daß die Menschen früher nicht glauben konnten, daß andere Menschen so abgrundtief böse sein können. Den Luxus dieses Unglaubens haben wir heute nicht mehr. Wir wissen genau, sie können es und sie werden es tun, wenn sie die Gelegenheit dazu haben! In vielen Diskussionen fällt der Satz „Eine Demokratie muß auch sowas aushalten können.“ Inzwischen frage ich mich aber, wie weit eine solch demokratische Toleranz gehen kann, wenn sie sich dadurch selbst aushöhlt. Die Aussage, alle Gegner ins Gas zu schicken, klingt für mich nach geplantem Massenmord und wenn eine Demokratie dabei zusieht, was ist sie dann? Immer und immer wieder habe ich gelesen, diskutiert mit den Leuten von der AfD, grenzt sie nicht aus, überzeugt sie vom richtigen (nicht rechten!) Weg. Nach diesem Satz werde ich darüber sehr ausgiebig nachdenken. In meinem ganzen Leben habe ich noch niemals einen Gegenstand erhoben, kein Stöckchen, keinen Stein, keine Torte, um ihn nach irgendwem zu werfen. Ich hoffe, daß ich das auch weiterhin nicht tun muß.